Album: Innenansichten (1991)
Nun ist es endlich still um mich herum,
Ich steh’ am Fenster, und ich starre stumm
Auf eine Pfütze, doch dann seh’ ich plötzlich hin,
Denn mir ist, als spiegle ich mich drin.
Es wird schon dunkel, und der Abend bricht herein.
Soll das wieder ein Tag gewesen sein?
Die Stunden sind dahin, vergangen wie im Flug.
Nein, dieser Tag war ein verpasster Zug!
Ich hab’ mich heute nicht bemerkt,
Ich hab’ mich heute nicht bemerkt.
Womit hab’ ich denn diesen Tag heut’ zugebracht?
Hab’ ich mal nachgedacht und über mich gelacht?
War ich andern heut’ ein Halt, ein kleines Licht?
Nein, ich glaub’, mich gab es heute nicht.
Wie ein Rad im Getriebe hab’ ich funktioniert,
Ich hab’ nichts falsch gemacht, ich hab’ mich nicht blamiert.
Und doch habe ich heut’, wenn ich es recht bedenk’,
Einen Tag meiner kurzen Zeit verschenkt.
Ich hab’ mich heute nicht bemerkt,
Ich hab’ mich heute nicht bemerkt.
Ein letztes Blatt fällt von einem Kastanienbaum.
Ich tret’ vom Fenster weg, mein Blick geht durch den Raum
Und verweilt auf einem alten Bild von mir,
Und nebenan übt immer noch ein Mensch Klavier.
Die Melodien klingen nach Vergangenheit,
Oder ist das die Musik der Ewigkeit?
Es ist, als lachte mich die Zeit persönlich aus
Und spielte unfair mit mir Katz und Maus.
Ich hab’ mich heute nicht bemerkt,
Ich hab’ mich heute nicht bemerkt.
Noch dreht der Zeiger sich, noch rieselt auch der Sand,
Noch liegt vor mir ein weites, unentdecktes Land.
Doch war ich heute wohl zu faul, weiterzugeh’n,
Zu faul, um neue Ufer zu erspäh’n.
„Carpe diem!“, flüst’re ich mir selbst ins Ohr
Und nehme mir für morgen neue Taten vor,
Weil doch ein jeder Tag in gnadenloser Frist
Der erste vom Rest meines Lebens ist!
Ich hab’ mich heute nicht bemerkt,
Ich hab’ mich heute nicht bemerkt.