Diebeslied

Album: Lauter leise Lieder

Ich sag‘ nichts Neues, muss mich wiederholen,
Und was ich dir dann sage, habe ich
Aus tausend Liedern tausendmal gestohlen.
Als Diebesbeute stets: Ich liebe dich.

Fast kleptomanisch greif‘ ich die drei Worte
Und steck‘ sie ohne umzublicken ein.
Die Taschen übervoll. Und doch: Ich horte,
Als fürchte ich, bald mittellos zu sein.

Wie schön, dir diesen Satz zu überreichen,
Der jedes Mal im selben Wortlaut klingt,
Ohne sich jemals selbst exakt zu gleichen,
Weil hinter ihm eine Geschichte schwingt

Vom Risiko, ihn wieder zu ergreifen,
Der Angst des leisen Missbrauchs seiner Macht,
Von der Gefahr, die Seele nur zu streifen,
Ertappt zu werden mitten in der Nacht.

Wie gern verlier‘ ich die gestohl‘nen Worte,
Auf dass du sacht, ganz sachte drüber fällst
Und mitnimmst an die einsameren Orte
Und sie dir wie ein Licht ans Fenster stellst.

Und darum wird‘ ich weiter Schätze stehlen,
Mit denen ich mich dir verraten kann.
Und weil mir noch so viele Sätze fehlen,
Werd‘ ich wohl nie ein anständiger Mann.

Ich sag‘ nichts Neues, muss mich wiederholen,
Und was ich dir dann sage, habe ich
Aus tausend Liedern tausendmal gestohlen.
Als Diebesbeute stets: Ich liebe dich.